Freitag, 19. September 2025

Zu den Seehunden

 Donnerstag, auf der Eider

Der Morgen graute. Der Himmel war aufgeklart, die Nachtruhe auskömmlich. Auch unser snoozefreier Wecker hat uns heute eine halbe Stunde mehr zugestanden. Gut gelaunt starteten wir drei mit einem ausgiebigen Frühstück in den Tag. Heute war die Seehundfahrt gebucht. Abfahrt pünktlich 1245. Deshalb ließen wir uns etwas Zeit, und machten gemächlich. Vorher wollten wir noch in Tönning den Töpferladen besuchen. Mit ordentlich Zeitpuffer im Gepäck tourte Okki dann hoch und es ging ins benachbarte kleine Städtchen, mal wieder zum Marktplatz. Die Sonne kam richtig raus! Wir stellten den Wagen in einer Seitengasse ab, Lina kam in die Trage und ab ging es.

Vor der Töpferei ließ ich es mir nicht nehmen die örtliche Kirche zu besuchen. Im Quartier wurden die hiesigen Kirchen in einem Prospekt als durchaus sehenswert beworben. Nun, das Prospekt hatte nicht zuviel versprochen. Die St. Laurentius Kirche wurde ursprünglich erbaut 1186. Der heutige Bau wurde wohl entsprechend den auf dem Turm angebrachten Jahreszahlen Anfang des 18 Jhd. gestaltet. Die Innenausstattung ist feudal. Reiche Schnitzereien trennen Chor und Gemeinde. Der Altar ist prächtig, die Kanzel üppig gülden. Auch das Gemeindegestühl schön geschnitzt. Besonderen Eindruck auf mich hat allerdings das Deckengemälde gemacht.

Nun, weiter zum Töpferladen. Nachdem wir den Torwächter überwunden hatten, fanden wir uns in einem schnieken kleinen Laden wieder und wurden von einem freundlichen Glasierer begrüßt. Es gab allerlei Waren, und wir tasteten uns langsam vor. Lina war mittlerweile eingeschlafen. Gesunder Babyschlaf ist ja soooo wichtig! Also leise weiter. Mist - Kuhglocken versperren den Weg. Ein Zettel wies darauf hin, dass auch die Werkstatt offen war. Da wollten wir hin, also flugs vorbei. Wir kündigten uns wie gewünscht mit einem lauten “Moin” an, und traten ein. In einem hellen Raum saß die Töpferin und war gerade mit kleinen Gefäßen beschäftigt. Schnell waren Marie und sie in einen Schnack vertieft. Während die gute Frau seelenruhig weiter arbeitete, erfuhren wir einiges über das Leben hier auf der Halbinsel und ihre Arbeit als Töpferin. (Sagt man das eigentlich so?). Zwei Augenblicke später, zack, wunderten wir uns wo die Zeit hin war. Also verabschiedeten wir uns, und sahen zu, dass wir zum Eiderkaje kamen. Die MS Adler II wartete.

Der Weg dorthin war nicht weit. Okki musste sich nur durch eine Schulklasse, vermutlich Mittelstufe, pflügen. Wir mutmaßten schon, dass die möglicherweise das gleiche Ziel hatten. Lina schlief immer noch. Doch, gleiches Ziel. Hinter uns parkte noch Berliner Umland ein. Ansonsten war aber wenig Betrieb. Wir bauten den Kinderwagen noch zusammen, es gab noch frische Windeln, dann ging es zum Anleger. Der gut gelaunte Skipper erklärte gerade der Schulklasse drei einfache Regeln. Dann ging es an Bord. Den Kinderwagen - von dem sich herausstellte, dass er für Lina während der Fahrt völlig überflüssig war - wurde über die Gangway getragen und kam gut geschützt in eine Ecke. Die Schüler verschwanden mehrheitlich unter Deck. Wir bezogen Plätze mehr oder weniger windgeschützt auf dem Oberdeck, achtern der Brücke. Dann ging es los, Richtung Eidersperre. Hier und da gab es wissenswerte Infos, und irgendwann auch einmal eine Seehundsichtungsfalschmeldung. Vermutlich Probealarm. April, April. Übung ist das halbe Leben. Nur kein Moos ansetzen. Ein paar Schüler wagten sich an uns vorbei in Richtung Vordeck, Gesprächsfetzen deuteten darauf hin, dass sie die Grenze zu Polen auf der anderen Flußseite wähnten. Ich schwöre, ich habe gesehen, wie in diesem Augenblick die Rentenkasse untergegangen ist. Aufgrund von Bauarbeiten war das Eidersperrwerk leider nicht befahrbar. Also legten wir nur kurz an, es gab einen kurzen Passagierwechsel, dann ging es zurück.


Auf dem Rückweg wurde dann mit einem kleinen Netz allerhand aus der Eider hochgeholt. Natur zum Anfassen. Krabben, Garnelen, Scholle, Seezunge und irgend ein essbares Algengras, aus dem wohl irgendwie des Mikrobiologen Grundwerkzeug - Fanny Hesse sei Dank - gewinnbar war. Die kleine Fischerei kam auch bei der Schulklasse gut an, jedenfalls war das Achterdeck gut voll. Wenige Minuten später war es dann soweit. Kontakt backbord querab. Seehunde gesichtet. Ruder mittschiffs, Maschinen stopp. Da waren sie also. Kleine schwarze Punkte, die ab und an aus dem Wasser schauten. Lina schaute konzentriert ihrer Mama zu, die die Seehunde durch den Feldstecher beobachtete. Ich versuchte einen guten Schnappschuss zu erhaschen. Schwierig die auf dem Wasser zu finden. Und dann können die auch noch 30 Minuten tauchen, wenn es ein muss.

Irgendwann ging es dann weiter. Wir passierten die Sandbänke der Seehunde, kamen auf dem Rückweg noch am Freibad von Tönning vorbei. Aus der Eider stieg gerade ein Schwimmer. Dann war die Fahrzeit leider schon fast um. Es ging zurück zum Hafen.

 

Dort wurden wir freundlich verabschiedet, und peilten dann unsererseits das Abendbrot an. Kleines Problem - Ruhetag. Unsere Wunschgaststätte war erst morgen wieder auf, und so nahmen wir ersatzweise die nächste Pizzeria. Also lieber doch nicht. Pause. Dann die übernächste. Dort ließen wir den Tag ausklingen, bevor uns Okki zuverlässig wieder ins Quartier brachte. Mittlerweile kannte er sich hier schon ganz gut aus.



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